So gross wie ein Fingernagel
Der heutige Chip besteht, wie Forschungs- und Entwicklungsingenieur Thomas Troelsen erklärt, aus Millionen miteinander verbundener Transistoren, die alle auf einer Fläche von nur wenigen Quadratmillimetern angeordnet sind. „Wenn wir von einem Chip sprechen, sprechen wir genau genommen einfach von einem fingernagelgrossen Stück Silizium, einem chemischen Element, das als natürliche Ressource in beträchtlichen Mengen auf der Erde vorhanden ist“, ergänzt er. „Fingernägel variieren in ihrer Grösse, und genauso ist es auch bei Chips. Auf dieser Siliziumscheibe befinden sich ein ganzes Netzwerk von Transistoren und manchmal auch andere elektronische Komponenten, die gemeinsam einen integrierten Schaltkreis bilden.”
Für die Hörsystem-Industrie war die Einführung des Chips schlichtweg bahnbrechend. Denn aufgrund des Chips konnte nicht nur die Grösse von Hörsystemen drastisch reduziert werden, so Dr. Bob Moreley, Dozent im Bereich der Elektro- und Systemtechnik an der Washington-Universität in St. Louis, USA. Dank des Chips war es überdies auch möglich, die Signalverarbeitung radikal zu optimieren und eine Vielzahl zusätzlicher Funktionalitäten in Hörsysteme zu integrieren. „Weil die Transistoren immer kleiner wurden, konnten wir bei gleichem Stromverbrauch immer mehr davon auf einem Chip platzieren und dadurch nun auch aufwändige Algorithmen zur aktiven Rückkopplungs-Auslöschung und Störlärmunterdrückung einsetzen.“
Aus weniger mach’ mehr
Chips haben die Branche zweifellos radikal verändert. „Man kann ohne Übertreibung sagen, dass der Chip an sich, und insbesondere der digitale Chip, die Hörsystem-Branche revolutioniert hat“, bekräftigt Thomas Troelsen. „Ohne analoge Chips wäre die Entwicklung auf dem Niveau von 1985 stehen geblieben, und ohne digitale Chips hätte sie 1995 Halt gemacht. Die Grenzen dessen, was wir in Hörsysteme integrieren können, werden ständig von den technischen Fortschritten in der Halbleiterindustrie, von den Herstellern der Chips, angehoben.“
Diese unglaubliche Technologie hat den Hörsystem-Trägern enorme Vorteile gebracht – nicht nur was die Technologie, sondern auch was das Design betrifft. „Der Chip hat dafür gesorgt, dass mehr Funktionalität heute weniger Strom und weniger Platz benötigt. Das hatte auch Auswirkungen auf das Design von Hörsystemen. Weil Chips weniger Platz und weniger Strom benötigen, können das Gehäuse und die Batterie kleiner ausfallen. Damit wurden Idealbedingungen für die Entwicklung attraktiver Designs geschaffen“, freut sich Thomas Troelsen.
Auch Bob Morley bestätigt, dass die Digitaltechnologie den Boden für die Entwicklung von Hörsystemen bereitet hat, die nicht nur mit einer überlegenen Klangqualität und einer besseren Sprachverständlichkeit aufwarten können, sondern die noch dazu einen höheren Tragekomfort bieten. Und schliesslich muss noch bedacht werden, dass diese Technologie auch auf die Audiologie als Ganzes entscheidenden Einfluss genommen hat. „Es ist der Chiptechnologie geschuldet, dass Hörgeräte-Akustiker heute eine intensivere Ausbildung benötigen, um solch hoch entwickelte Geräte anpassen zu können“, unterstreicht er. Zudem können sich die Hörsystem-Träger über viele attraktive Merkmale moderner Hörsysteme freuen – „über eine präzise Anpassung und Stabilität, über Hörkomfort durch die Begrenzung der maximalen Ausgangsleistung und die Unterdrückung von Rückkopplungen und Störgeräuschen sowie über Richtmikrofone für eine bessere Sprachverständlichkeit.“
Eines ist sicher: Ohne den bescheidenen Mikrochip wären die Welt, und nicht zuletzt auch unsere Hörsysteme, völlig anders.